Kann die Regionalliga ein Thema für den SSV Merten sein ?
Diese Frage bewegt im Sommer 2025 viele Gemüter. Klar, wenn man Tabellenzweiter der Mittelrheinliga wird, ist man nicht mehr weit weg vom Profi-Bereich. Die Verantwortlichen des Vereins legen Wert auf die Feststellung, dass die "Bodenhaftung" das Grundprinzip des Vereins bleibt und "Luftschlösser" kein Thema sind. Fakt ist aber, hätte der Bonner SC zum Abschluss der Saison 2024/2025 auf sein Aufstiegsrecht nach der Mittelrhein-Meisterschaft verzichtet, wäre der SSV Merten der erste Kandidat gewesen, dem das Aufstiegsrecht zugestanden hätte.
Auch stellt sich die Frage, ob eine Stadt wie Bornheim mit rund 50.000 Einwohnern an höherklassigem Fußball interessiert ist. In der 1. Bundesliga spielt derzeit mit Heidenheim eine Stadt mit der gleichen Einwohnerzahl, Elversberg in der 2. Liga beheimatet 13.000. Weitere Beispiele ließen sich anführen. Also sowohl Politik wie Verwaltung, aber auch die Fußball-Fans und die Wirtschaft, d.h. die Unternehmen in der Stadt, müssten einmal Position beziehen, wie sie das Thema sehen und ob sie bereit wären, Unterstützung zu bieten.
Doch vorher muss man sich mit den Fakten und Rahmenbedingungen auseinandersetzen und die sehen so aus: Sportlich müsste eine Mannschaft ins Rennen gehen, die konkurrenzfähig ist. Die Regionalliga gilt der offiziellen Einstufung des DFB gemäß zu den Profiligen, d.h., die Spieler gelten als Profis bzw. bezahlte Spieler. Damit fallen neben den Gehältern auch die üblichen Nebenkosten zur Sozial- und Unfallversicherung an. Allgemein gilt die Faustregel, dass ein Etat von einer halben Mio. Euro die Untergrenze darstellt. Außerdem muss ein Regionalligist beim Landesverband (WDFV) eine Bürgschaft von 35 T€ hinterlegen.
Die organisatorischen Bedingungen des Verbandes stellen ebenfalls eine hohe Hürde dar. Gefordert werden u.a.:
- Stadion mit Mindestkapazität von 2.500 Zuschauern, davon 800 für Gästefans, mindestens 150 Zuschauersitzplätze müssen überdacht sein.
- Eine leistungsstarke Flutlichtanlage.
- Ausreichende Anzahl an Parkplätzen.
- Separate Bereiche für Sanitätsdienst, Sicherheitskräfte, Presse.
- Angemessene Aufenthaltsräume und Sanitäranlagen für Schiedsrichter.
Klar ist, weder unsere Sportanlage in Merten noch das (sanierte) Stadion in Bornheim erfüllen die Anforderungen auch nur im Ansatz. Will man die Regionalliga-Spiele im Stadtgebiet durchführen, bedarf es erheblicher Maßnahmen bei der Infrastruktur. Das wird kein Verein allein stemmen können, da müssen öffentliche Mittel bereitgestellt werden. Oder man muss ein Stadion in angrenzenden Orten nutzen, etwa Bonn.
Die Gesamtbetrachtung muss aber noch weiter gehen. Ist die Regionalliga West überhaupt attraktiv? Das kann man zumindest anzweifeln. Zugpferde wie RW Essen, Alemannia Aachen oder MSV Duisburg haben sich "nach oben" in die 3. Liga verabschiedet. Lediglich den Wuppertaler SV, RW Oberhausen oder Fortuna Köln kann man zumindest vom Namen her noch als attraktiv einstufen, ob sie viele Zuschauer mitbringen würden, ist eine andere Frage. Dafür sind auf der anderen Seite jede Menge „unattraktive“ Teams dabei, nämlich die Zweitvertretungen der Bundesligisten. Zu den 5 schon etablierten Teams von Fortuna Düsseldorf II, 1. FC Köln II, Paderborn II, Schalke 04 II und Bor. Mönchengladbach II kommen jetzt auch noch Borussia Dortmund II als Absteiger aus Liga 3 sowie der VfL Bochum II als Aufsteiger aus der Westfalenliga. In Summe also 7 Zweitvertretungen. Das ruft natürlich die Kritiker auf den Plan. Außerdem hat die Liga den Ruf der Chaos-Liga, weil letzte Saison gleich drei Teams wegen Insolvenz ausschieden.
Letzteres hat zu ersten Konsequenzen des Verbandes geführt, denn die Strafe bei Rückzug wurde auf 10.000 € erhöht. Außerdem gibt es einen Punktabzug von 15 Punkten für die Folgesaison. Allen ist aber klar, dass damit der Reformbedarf noch nicht abgedeckt ist.
Der Reformbedarf besteht nämlich für den gesamten Regionalliga-Bereich bundesweit. Das größte Problem derzeit: es gibt 5 Regionalligen, aber nur 4 Aufsteiger in die 3. Bundesliga. Damit wird immer ein Entscheidungsspiel nötig, bisher zwischen den Tabellenersten der Regionalligen Ost und Nordost. Es erwischte vor kurzem Lok Leipzig, das gegen den Nord-Vertreter Havelsee den Kürzeren zog. Nächste Saison soll der Bayern-Vertreter in die Relegation.
Eine mehr als unbefriedigende Situation. Es hat sich eine Initiative gebildet, der mittlerweile über 20 Vereine (mit wachsender Tendenz) angehören und die den DFB zum Handeln zwingen wollen. Eine Entscheidung soll auf dem DFB-Bundestag am 07. November 2025 fallen. Diskutiert werden verschiedene Modelle, z.B. die Regionalligen vierzügig zu organisieren. Dabei würde/könnte die Regionalliga West mit den Vereinen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland zusammengelegt werden. Aber auch eine zweizügige Regionalliga ist im Gespräch. Je nachdem muss auch die Struktur darunter, also auf der 5. Ebene (jetzt Mittelrheinliga) angepasst werden, hier wird über die Wiedereinführung der Oberliga Nordrhein nachgedacht.
Also: alles in allem eine offene Entwicklung, fest scheint nur zu stehen, dass sich etwas ändert. Und damit ergibt sich die Strategie des SSV Merten fast schon zwangsläufig: abwarten und keinen Tee trinken, sondern sich so gut wie möglich platzieren, um alle Optionen nach der nächsten Saison ziehen zu können.
Die Mannschaft ist nach Lage der Dinge nicht schwächer als letzte Saison, eher stärker. Trainer und Spieler sind ehrgeizig genug, der gesamten Konkurrenz zu zeigen, dass die Vizemeisterschaft der Aufstiegssaison 2024/2025 keine Eintagsfliege oder ein Zufallsergebnis war. Insgesamt muss mit einer breiteren Spitze gerechnet werden, in diesem Kreis wollen wir uns aber einreihen. Und dann gehen wir einen Schritt nach dem anderen.
Theo Riegel
2. Vorsitzender des SSV Merten